Die in Ungarn geborene Künstlerin Enikő Márton scheint durch Farblehren definierten Spektren überwinden zu wollen. Jeder Normierung stellt sie eine phantastische Welt von Beugungen und Brechungen entgegen. Doch sind es keine Farb-Explosionen, die dabei entstehen, sondern genau kalkulierte und räumlich strukturierte, zwischen Harmonie und Dissonanz gespannte Projektionen der eignen inneren Ahnungen und Hoffnungen, niemals zu trennen von der Erfahrung des ganz Unmittelbaren.
Es geht ihr um die Darstellung von Gefühlen, die sich ihr selbst im Prozess des Malens direkt als offen und wandelbar darstellen. Sie erkennt im eigenen Bild widerstreitende Momente, die erst bewusst werden, weil sie sich selbst offenbaren. Das reicht bis zu dem Empfinden, dass die Arbeiten im Entstehen ein Interesse bekunden, sich ihr zu erklären.
Solche Bilder, in denen wir eigene Konflikte erkennen und – von daher – sogar lösen können, lässt sie wie ein Raum erscheinen, in dem man sich trifft und findet. Diese vielleicht kühn erscheinende Herleitung wird verständlicher im warmherzigen Umgang der Künstlerin, denn diese spricht nicht nur davon, dass man heute mehr als je Heimat braucht und sucht, sondern scheint auch immer in ihrer Umgebung eine besondere Atmosphäre der Geborgenheit zu schaffen, mit sich selbst als Windrose, die Farben zu Düften faltet.
Ralf Bartholomäus, Berlin, 2019